Antrag / Anfrage / Rede
Haushaltsrede Kreistag 2016
Ökologisch-Demokratische Partei / Familie und Umwelt (ÖDP) Haushaltsrede am 19. Dezember 2016
Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Michel, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der regionalen Medien, sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Saal, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wie schon in den letzten Jahren steht am Anfang unserer Rede der Dank an Sie, Herr Landrat Dr. Michel, und die gesamte Verwaltung für die im Jahr 2016 geleistete Arbeit. Wir alle wissen, dass diese stressig ist, je nach Arbeitsplatz mal mehr oder mal weniger. Sorgen Sie bitte hier als Spitze der Verwaltung, dass dieser Dank in allen Büros und an allen Arbeitsplätzen ankommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir freuen uns genau wie Sie auch über eine äußerst niedrige Arbeitslosigkeit in unserem Landkreis und ein sehr gutes Gewerbesteueraufkommen im ganzen Land und damit auch in den kommunalen Haushalten des Landkreises. Das zeigt, dass es den mittleren und großen Betrieben, die vor allem für die Gewerbesteuer zuständig sind, wirtschaftlich gut geht, was man auch daran erkennt, dass es in vielen Bereichen der Beschäftigung an Fachleuten fehlt. Lücken, die nur sehr langsam in den nächsten Jahren durch die zahlreich in den Landkreis zugewiesenen Flüchtlinge geschlossen werden können. Ich sage: Vielleicht, eben nur vielleicht. Neben etlichen Praktika werden aber inzwischen die ersten Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, die nur möglich wird durch das Einstampfen von fragwürdigen Beurteilungen, aber auch von Vorurteilen in den Köpfen einiger Menschen, die in den Betrieben in unserem Landkreis das Sagen haben. Es gibt keinen Zweifel, die Wirtschaft brummt bei uns und fast in der gesamten Bundesrepublik.
Dass diese positive Entwicklung in der Flüchtlingsfrage insgesamt möglich wurde, danken wir dem Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem Ihrer Abteilung hier im Landratsamt, aber auch vielen anderen in allen Rathäusern. Aber ohne die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die in zahlreichen Gruppierungen in unseren Städten und Dörfern ihre Freizeit opferten und immer noch opfern, ohne sie wäre dies sowohl im letzten Jahr als auch in diesem bei weitem nicht so gut gelungen. Dafür sei allen Mitwirkenden auch von unserer Seite noch einmal herzlich gedankt. Dieser Dank gilt aber auch allen anderen ehrenamtlich Tätigen im sportlichen, kulturellen und sozialen Bereich, die vor allem in diesen vergangenen zwei Jahren durch die Flüchtlingsfrage in der Öffentlichkeit etwas in den Hintergrund geraten sind.
Die wichtigsten Zahlen des Haushalts sind hier nicht nur heute vom Kämmerer und meinen Vorrednern, sondern schon in früheren Sitzungen mehrfach genannt worden, auch von Ihnen, Herr Dr. Michel, als sie den Haushalt zum ersten Mal vorstellten. Wie in den letzten Jahren werde ich diese Zahlen daher nicht wiederholen.
Wir von der ÖDP-Fraktion haben in der Frage der Zustimmung zum Haushalt keine einheitliche Meinung. Die Ökologisch-Demokratische Partei/Familie und Umwelt oder kurz ÖDP ist die einzige Partei bundesweit, die keine Konzern- und Firmenspenden nimmt und die sich scharf gegen mehr oder weniger verdecktes Parteiensponsoring wendet. Wir treten deshalb im Programm auch für das Prinzip der Nullverschuldung ein. Das habe ich, wie Sie, Herr Landrat Dr. Michel, und auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen wissen, in diesem Jahr mehrfach im Ausschuss und hier im Gremium angesprochen. Das werde ich auch beibehalten. Wir subventionieren durch das Absenken der Kreisumlage von 30 auf 28.5 Punkte den Haushalt unserer Kommunen. Wir senken die Kreisumlage und erhöhen damit die Verschuldung - anstatt sie abzubauen. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass wir eine beachtliche Zahl an Bürgermeistern, einen Oberbürgermeister und einen Ex-OB hier im Gremium sitzen haben. Als Stadtrat sitze ich in der gleichen Entscheidungsfalle. Von der Bundesregierung und von den Landesregierungen fordern wir den Stopp der Neuverschuldung und den Abbau der Verschuldung, reden von enkeltauglicher Politik, von Steuereinnahmen in nie da gewesener Höhe und tun mit unserem Haushalt 2017 genau das Gegenteil. Wir schrauben die Verschuldung wieder kräftig nach oben, weil wir momentan im Vergleich zu anderen Landkreisen einen relativ niedrigen Schuldenstand pro Einwohner aufweisen.
Ich bedaure es außerordentlich, dass wir durch unsere Finanzpolitik nicht der erste schuldenfreie Landkreis im Lande sein werden und sein können, denn diesen Schritt ist uns mit dem Haushaltsjahr 2017 unwiederbringlich der Landkreis Biberach voraus. Er hat gemäß den Fernsehnachrichten des SWR vom vergangenen Mittwoch oder Donnerstag mit dem Jahr 2017 ganz progressiv zum ersten Mal einen schuldenfreien Haushalt beschlossen.
Das Prinzip der Null-Neu-Verschuldung und der Schuldenfreiheit müsste eigentlich das oberste Prinzip der Kämmerei und des gesamten Kreistags sein. Der weitere Schuldenabbau wäre noch nie so leicht gewesen wie bei diesem Haushalt. Das sage ich im Rückblick auf die Erfahrung von 27 Jahren in diesem Gremium. Bis auf das von mir grundsätzlich angesprochene Grundprinzip des schuldenfreien Haushalts könnte ich jedem einzelnen Teil des Gesamthaushalts zustimmen. Über den Ausgang der Abstimmung über den Kreishaushalt habe ich aber schon eine gewisse Vorahnung – leider. Sie werden mir die Möglichkeit nehmen, dem Kreishaushalt 2017 zuzustimmen, weil Sie meinen Antrag auf Beibehaltung von 30 Punkten der Kreisumlage abschmettern werden. Möge also jede und jeder hier im Saal abstimmen, wie er glaubt abstimmen zu müssen. Ich werde dem Haushalt mit erneut steigender Verschuldung jedenfalls nicht zustimmen.
Wir von der Fraktion der Ökologisch-Demokratischen Partei / Familie und Umwelt (ÖDP) bedanken uns bei Ihnen allen für die kollegiale Zusammenarbeit und wünschen Ihnen ruhige und friedfertige Weihnachtsfeiertage. Kommen Sie gut ins neue Jahr 2017. Vor allem aber: Bleiben Sie gesund, munter und engagiert.
Zum Abschluss aber noch eine kleine persönliche Bitte von mir: machen Sie im neuen Jahr 2017 wenn möglich bei keiner Gelegenheit, auch beim Beschluss des Haushalts 2018 keine neuen öffentlichen Schulden.
Vielen Dank für Ihr aufmerksames Zuhören.
Es gilt das gesprochene Wort.
Bernd Richter (Fraktionsvorsitzender der ÖDP)